Die kindliche Lebenswelt ist von Medien durchdrungen, doch Kinder sind zwar “digital natives” aber deshalb nicht automatisch medienkompetent. Sie müssen den kritischen und kompetenten Umgang mit Medien erst erlernen. Dass Medienkompetenz längst zu einer Schlüsselqualifikation in unserer durch und durch mediatisierten Welt geworden ist, darüber herrscht weitgehend Einigkeit. Die Förderung der kompetenten Nutzung der Medien ist eine Aufgabe für Familien, Kindertageseinrichtungen und Schulen.
Mitte November 2023 wurde auf verschiedenen Kanälen eine Stellungnahme veröffentlicht, die alle in der Medienbildungsarbeit tätigen Personen fachlich betrifft. Eine Gruppe von 40 Wissenschaftler*innen fordert in der Stellungnahme ein Moratorium der Digitalisierung in Kitas und Schule, in dem die Politik aufgefordert wird, die Digitalisierung in besagten Bildungseinrichtungen zeitnah zu stoppen. Mit einem Moratorium wird eine Vereinbarung darüber getroffen, dass eine bestimmte Angelegenheit für eine gewisse Zeit aufgeschoben wird. Die Debatte zur Medienbildung in Kitas und Schulen wird in der Stellungnahme in ein „Entweder-Oder“ gelenkt, welches eine wünschenswerte Diskussion über ein gelingendes WIE der medienpädagogischen Arbeit in weite Ferne rücken lässt. So ein Vorgehen ist nicht zielführend und kann nicht im Sinne transformativer Lern- und Bildungsprozesse sein.
Das Moratorium bezieht sich hauptsächlich auf den Einsatz von Bildschirmmedien an Schulen. Dort ist es mitunter üblich, dass Kinder ein eigenes Endgerät zur Verfügung haben. Wie sie dieses nutzen, hängt von der Aufgabenstellung der verantwortlichen Fachkräfte ab. In der Kita stand zu keinem Zeitpunkt zur Debatte, dass Kinder eigene Geräte erhalten oder stets allein an diesen arbeiten dürfen oder sollen. Medien, integriert in vielfältige Angebote der Bildungsbereiche, kommen als Werkzeug zum Einsatz und werden im Zuge zur Realisierung von zeitgemäßer gelingender Bildung kooperativ genutzt. Zudem ist Medienbildung ein Lernen über Medien und Kommunikationskulturen.
Medien werden in der Stellungnahme außerdem auf Bildschirmmedien reduziert, was aus unserer Sicht einen verkürzten Medienbegriff darstellt. So kommen in Kitas zum Beispiel auch Endoskopkameras und digitale Mikroskope zum Einsatz, die zum zeitgemäßen Tüfteln und Forschen anregen. Auch bieten kindgerechte Mikrofone, mit denen Kinder eigene Hörspiele produzieren oder Geräusche-Rallyes aufnehmen handhabbare Medien, durch deren Einsatz Sprachbildung in beeindruckender Weise gelingen kann.
Die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur e.V. (GMK) hat deshalb zu dieser Forderung nach einem Moratorium kritisch Stellung bezogen. Differenziert führen die Autor*innen Selma Brand, Habib Güneşli und Sabine Eder aus, warum pädagogisch fundierte Medienbildungsangebote in der Bildungseinrichtung sowie auch eine entsprechende Elternbildung in der heutigen Zeit unabdingbar sind. Ziel müsse es in KiTa und Schule sein, Medien nicht zum Selbstzweck, sondern zum kreativen, aktiven Gestalten und Darstellen der kindlichen Lebenswelt und Themen einzusetzen.
Zum Positionspapier der GMK
Die Faszination und Begeisterung, die Kinder Medien und ihren Inhalten entgegenbringen, birgt eine große Motivation in sich, die für den Bildungsprozess nicht ungenutzt bleiben sollte. Durch den aktiven und kreativen Umgang mit Medien erhalten Kinder einen Blick hinter die Kulissen der Medienwelt: Sie lernen spielerisch, wie Medien gemacht werden. Dadurch kann eine kritische Auseinandersetzung und bewusstere Mediennutzung gefördert werden. Das Lernen mit Medien eröffnet auch Chancen zum Lernen über Medien.
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Die Bildungs- und Erziehungspläne der Bundesländer schaffen den Orientierungsrahmen für die Bildungsarbeit in Kindertageseinrichtungen und Schulen. Das Verfassen von Bildungsplänen ist Ländersache, entsprechend unterschiedlich sind die Richtlinien in den verschiedenen Bundesländern (vgl. dazu Medienkompetenzförderung für Kinder und Jugendliche. Eine Bestandsaufnahme. BMFSJF 2013) … weiterlesen
Als Erwachsene haben wir eine recht klare Vorstellung, wie eine gelungene Mediennutzung bei Kindern aussehen könnte: kreativ, selbstbestimmt, gewinnbringend, Alternativen kennend, kritisch. Aber wie lässt sich das vermitteln? „Eintrichtern“ funktioniert nicht, das lehrt der Konstruktivismus. Als Kernaussage des Konstruktivismus könnte man formulieren: „Kinder konstruieren sich ihre Wirklichkeit selbst, sie können nicht gebildet werden, sondern sich nur selbst bilden.“ Erziehende können auf diese Konstruktion nur bedingt Einfluss nehmen. Vielmehr ist es notwendig, eine Lernumgebung zu schaffen, die Kinder im Selbstlernprozess unterstützt … weiterlesen
Das Ziel ist eine digitale Alphabetisierung mit Augenmaß
didacta-Ausschuss Frühe Bildung, Meine Kita 2023-04, S. 22-23
Institutionen der Medienpädagogik: Kita
Susanne Roboom (2022)
in: Sander, U. / von Gross, F. / Hugger, K.-U. (Hrsg.) (2022):
Handbuch Medienpädagogik, Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden
Kinder digital an die Hand nehmen
Susanne Roboom, TPS 5-2020, S. 21-23
Kinder im Mittelpunkt: Frühe Bildung und Medien gehören zusammen
Sabine Eder, Marion Brüggemann, Jörg Kratzsch. Positionspapier der GMK-Fachgruppe Kita (2017)
Medienkompetenzförderung für Kinder und Jugendliche
Eine Bestandsaufnahme. Berlin 2013
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
In dieser Bestandsaufnahme analysieren Medienpädagoginnen und Medienpädagogen die verschiedenen Bereiche, die für die Medienkompetenzförderung von Kindern und Jugendlichen relevant sind: Familie, Kita, Schule und außerschulische Jugendarbeit. Darüber hinaus behandeln sie das Forschungsfeld Medienpädagogik, das Berufsfeld Medienpädagogik sowie die Aus- und Weiterbildung pädagogischer Fachkräfte. Download
Handbuch Kinder und Medien
Band 1: Digitale Kultur und Kommunikation
Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
Angela Tillmann / Sandra Fleischer / Kai-Uwe Hugger (Hrsg.)
Das Handbuch gibt einen aktuellen und umfassenden Überblick zum theoretischen, empirischen und methodologischen Stand der Kindermedienforschung. Berücksichtigt wird, dass Kindheit einem stetigen sozialen und kulturellen Wandel unterliegt, der seit einigen Jahren immer stärker durch die digitalen, multifunktionalen Medien vorangetrieben wird. Ziel des Handbuches ist es, Orientierung für die Forschung und pädagogische Praxis zu geben.
Frühe Medienbildung
Natur-Wissen schaffen Band 5. Bildungsverlag 1. Troisdorf 2009
Wassilios Fthenakis (Hrsg.)
Die Handreichung vermittelt Konzepte der Medienbildung, nach denen Kinder mit und über Medien lernen, ohne dass ihre Bedürfnisse nach Spiel, körperlicher Bewegung, sozialer Interaktion und kreativem Ausdruck zu kurz kommen.